Es ist Samstag..
Der zweite Samstag einer merkwürdigen Zeit. Ich sitze in der Sonne. Haben einen Espresso. Schwarz, stark. Wir haben Toilettenpapier. Alles gut. Denke an die Woche. Die vergangene Woche, mit all den Gesprächen, Nachrichten und Ereignissen. Denke an die Menschen, mit denen ich sprechen durfte.

Den Unternehmern, die um ihre Existenz kämpfen. Nicht aufgeben, sondern machen. Die jetzt schon darüber nachdenken, wie es weitergeht, wenn es weitergeht. In der Zuversicht, dass es weitergeht. Irgendwie. Unternehmer, die teilweise ihr Unternehmen auf null fahren mussten. Mitarbeiter unter Tränen entlassen mussten. Tränen der Mitarbeiter. Eigene Tränen. Aber auch an die Unternehmer, die gerade viel zu tun haben. Zu viel. Die das Chaos nicht organisieren können, weil so vieles fehlt. Technik, Mitarbeiter, ein schneller Plan.

Denke an die Unternehmer, die Hilfe brauchen, in Anspruch nehmen und die Hilfe erhalten. Vom Staat, vom Land, vom Vermieter. Nicht von allen. Nicht ohne Widerstände. Nicht ohne unnötige Bürokratie und der nötigen Schnelligkeit. Aber auch an die, die keine sofortige Hilfe benötigen. Sie dennoch in Anspruch nehmen wollen. Weil Sie meinen, einen Anspruch darauf haben. Weil sie es einfach so wollen. Die Verantwortung abschieben. Auf die anderen. Auf die Gemeinschaft. Auch kleine und mittlere Unternehmen. Vor allem aber die großen, die Handelskonzerne. In der Krise beweist sich der Charakter. Gier.

Dann denke ich an den Humor der Menschen. „Ach Herr Hagen, wenn ich kein Klopapier mehr habe, dann nehme ich die nächste Einkommenssteuererklärung. Die ist eh für’n Arsch.“ Klare Worte. Der Satz der Woche. An die Menschen, die gerade ihr Leben neu organisieren. Neue Aufgaben übernehmen wollten. Umziehen. Verändern. Und die gerade jetzt die entsprechenden Verträge unterschreiben. Auch hier zeigt sich der Charakter. Mut.

Charakter zeigt sich auch bei denen, die Abstand halten. Die gelassen und freundlich bleiben. Aber auch bei denen, die immer noch in Gruppen, mit Freunden auf ihren Terrassen und Balkonen zusammensitzen. Sehr nah, sehr laut. U.a. Menschen, die in einer örtlichen Klinik tätig sind. Charakter?

Denke an einen Mensch mit Charakter. Meinen Mentor, Coach und Freund. Der mir seit vielen Jahren immer wieder in Erinnerung ruft, dass monetäres Honorar, dem emotionalen Honorar folgt. Ein Satz, der mich antreibt, bei Menschen anzurufen. Damit weiterzumachen. Zu fragen, wie es ihnen geht. Zu fragen, was ich für sie tun kann. Was wir für sie tun können. Weil sie es brauchen. Weil wir es brauchen. Den Satz, den ich in jedem Gespräch weitergebe. Eine Frage, die in fast allen Gesprächen zu neuen Ideen führt. Zu neuen Lösungen.

Ich denke an meine Familie. Meine Frau, die noch arbeiten darf. Die alles macht. Obwohl auch sie nicht mehr alles machen darf. Den Sport mit anderen, für andere. Für ihre Mädels. Das fehlt. Ihr und den Mädels. Denke an meine Tochter, die vor allem eines macht. Mich unterstützen, bei meinem Homeoffice. Weil sie nichts macht, was mich stören könnte. Bei meinen Gesprächen. Und die ihre Hausaufgaben selbst macht. Meine Tochter, die vor allem eines macht. Glück, wenn sie lacht. Nicht nur dann.

Denke an meine Eltern, die ich nicht sehe, jedoch jeden Tag anrufen kann. Kontrollanruf. An das Gespräch eines Bankmitarbeiters, der mir alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellt. Nicht nur für mich. Vor allem für meine Kunden. Damit ich diese weitergeben kann. Dem ich danke und erzähle, was unfassbar schlechtes, unverschämtes und unerfreuliches meine Kunden von ihren Ansprechpartnern erfahren. Die wiederum ihr Verhalten mit Stress und Überlastung begründen. Ohne zu wissen, dass dies ihr Verhalten vielleicht erklärt, es aber nicht entschuldigt. Denke an meinen Ansprechpartner, der seine Hilfe mit seinem Ausbilder begründet. Der ihm früher erklärte, dass eine Bank nicht immer allen helfen kann. Dass aber der Menschen in der Bank, zumindest zuhören kann. Er sprach von seinem Ausbilder, von meinem Vater.

Denke an die Diagnose, die ich auf den Tag genau vor fünf Jahren erhielt. Hirntumor. An die Sorgen, an die Ängste die ich damals hatte. Gesundheitliche, wirtschaftliche, existenzielle. Daran, wie ich damals damit umgegangen bin. Was daraus entstand und was mir wiederum heute hilft. Denke an die Worte, die ich nach der Operation vor fünf Jahren jeden Tag aufschrieb. „Ich lebe. Ich Liebe. Alles gut“. Denke, dass ich diese Wort jetzt wieder täglich aufschreiben werde.

Vor allem denke ich an einen Freund, der mich damals im Krankenhaus besuchte. Den ich jetzt länger nicht mehr gesehen habe, obwohl wir in der gleichen Stadt wohnen. U.a. freiwillige Quarantäne. Der mich diese Woche anrief. Der mich fragte. „Wie geht es eigentlich Dir?“. Eine so einfache Frage, die in dieser merkwürdigen Zeit der physischen Distanz so wichtig ist. Mir wichtig ist. Der Anruf und die Frage, die er nach und nach allen seinen Freunden – unseren Freunden stellt. Telefonisch.

Ich denke, dass es gerade jetzt wichtig ist, den sozialen – den mentalen Kontakt aufzunehmen und beizubehalten. Zu den Menschen, die uns wichtig sind. Unserer Familie, unseren Freunden. Unseren Kunden. Dass es wichtig ist, an diese Menschen zu denken.

Denkt an sie. Nehmt Kontakt auf zu Euren Menschen. Sprecht miteinander. Denkt daran. Gerade jetzt!

Liebe Grüße, bleibt gesund!

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