„Der nächste Scan dauert eine Minute“, sagt eine weibliche Stimme. Sachlich. Nüchtern. Vom Band.
Ich zähle die Scans. Kein nachvollziehbarer Rhythmus. Keine Struktur. Ich folge den Minuten, dem Dröhnen und den Geräuschen, die ich dumpf, dennoch laut durch den Hörschutz wahrnehme.
„Der nächste Scan dauert 3 Minuten.“ Ich kann nichts machen. Darf mich in der Röhre nicht bewegen. Nur denken. Nur woran denken? An die anstehenden Aufgaben. Die nahe und ferne Zukunft? Wenn ich denn eine habe. Das Denken fällt zurück in die Vergangenheit. Woran habe ich vor fünf Jahren gedacht? Die Erinnerung ist unscharf. Die damaligen Scans waren scharf. Zeigten die Diagnose. Den Tumor. „Der nächste Scan dauert 30 Sekunden.“ Das ist schnell. Vor fünf Jahren dauert es lange. Eine lange Zeit mit der Angst, die sich danach bestätigte. „Der nächste Scan dauert eine Minute.“ Kein Rhythmus, keine Struktur. In meinen Gedanken.
„Das Schlimmste haben Sie geschafft. Jetzt geht es weiter.“, sagt eine andere Stimme, die plötzlich im Raum steht. Freundlich. Die Stimme. Nicht die Kontrastflüssigkeit, die sie mir in den Arm laufen lässt. Die sich kalt verteilt. Zuerst im Kopf. Dann im Körper. Bis in den Kopf. Da muss sie hin. Da spüre ich Sie nicht.
„Der nächste Scan…“ ich höre nicht mehr hin. Weiß jetzt, worüber ich nachdenke. Über die freundliche Stimme. Ihren Satz. Wie schön es ist, wenn ich tatsächlich das Schlimmste geschafft habe und es weitergeht. Dafür liege ich hier. Dafür halt ich jetzt eine Zeit still. Einfach still. Auch wenn es schwerfällt. Wenn ich nicht stillhalte, geht es von vorne los. Mit den Scans. Denke, wie schön es ist, dass wir alle gerade das Schlimmste geschafft haben. Hoffentlich. Und es jetzt wieder weitergeht. Weil wir alle stillgehalten haben. Auch wenn es schwerfiel. Und das wir durchhalten sollten. Ansonsten geht es von vorne los. „Der nächste Scan ….“, ist mir egal. Den halte ich auch noch durch. Und dann geht es weiter. Ich weiß es. Der Arzt wird es gleich bestätigen.
Wird er nicht, denn er darf es nicht. Gespräche sind zur Zeit nicht erlaubt. Sagt mir die freundliche Stimme. Ich dränge. Will nicht auf den Termin beim Facharzt warten. Will wissen, ob alles okay ist. Warte bis sich seine Tür öffnet. Bis er mich reinlässt – mit Abstand –, auf den Monitor zeigt und „Alles okay“ sagt. Mehr sagt er nicht. Mehr brauche ich nicht. Alles okay.
Ich gehe raus. Lache und nehme die Maske ab. Hole Luft. Erleichterung. Setze mich ins Auto. Denke an die Menschen, für die nicht alles okay ist. Gesundheitlich. Wirtschaftlich. Persönlich. Das Radio geht an. Es läuft „Alles okay“ von Johannes Oerding.
Wieder lache ich.
Zufall? – Vielleicht.
Zur Zeit ist sicher nicht alles okay.
Aber heute – nach fünf Jahren – ist es okay.