Ich gebe zu, ich hadere ab und zu. Hadere mit einem wichtigen Teil meines Berufes, mit den Vorträgen, dem klassischen Speaking, der Speaker-Branche und vor allem mit meinem Anspruch an meine Vorträge.
Wie hoffentlich jedem Speaker, so ist es auch mir wichtig, mit meinen Vorträgen bei den Teilnehmern etwas zu bewirken, sie zu bestärken und zu ermutigen. Wir fahren zu einem Vortrag mit der Zuversicht, Menschen zu bewegen. Wir stehen dann auf der Bühne, reden, erzählen, lachen, arbeiten, schwitzen und freuen uns über den Applaus am Ende der „Show“. Und dann?
Meist rede ich dann noch länger mit einigen Teilnehmern, beantworte Fragen, freue mich etwas aus ihrem Leben zu erfahren, über positives Feedback und natürlich auch über direkte Anfragen für einen neuen Vortrag. Und dann fahre ich nach Hause oder zum nächsten Ort. Manchmal mit einem faden Geschmack und vielen Fragen im Mund. Konntest Du wirklich die Teilnehmer erreichen? Konntest Du jemanden bestärken oder gar ermutigen? Konntest Du mit dem, was Du gerade mit viel Vorbereitung, Leidenschaft und Engagement gemacht hast, Dein Anliegen weitergeben?
Ehrlich muss ich mir eingestehen, dass ist nicht immer so. Mal bin ich nicht gut drauf, mal passt die Chemie zwischen den Teilnehmern und mir nicht und manchmal erwarten die Teilnehmer einfach nur Show, die ich dann nicht liefern kann, weil ich es nicht will. Musiker nennen solche Auftritte dann „Schweinemucke“. Darunter verstehen Sie – ja, ich habe auch mal Klarinette gespielt – einen ehrlichen und professionellen Auftritt, der zwar Geld, aber keinen Spaß brachte. Jeder Speaker-Kollege, wenn er ehrlich zu sich ist, kennt diese Schweinemucken.
Nicht jeder Vortrag kann gelingen. So, wie nicht jeder Berufstag bei Ihnen gelingen kann. Das ist so. Das gilt es zu akzeptieren, bis zu einem bestimmten Maß. Wenn wir merken, dass der Schweinemucken-Anteil zunimmt, sollten wir uns vor allem eines fragen: „Für was und für wen mache ich das?“ Wenn ich dann feststelle, dass es immer häufiger Schweinemucken gibt, dann weiß ich, dass es Zeit ist zu handeln, neue Anreize zu finden, neue Formate zu entwickeln – mit denen ich noch mehr „mit“, als nur „zu“ den Teilnehmern sprechen kann – und vor allem mich weiterzuentwickeln. So, wie auch sie dann neue Anreize, neue Herausforderung finden, ihren Beruf und sich weiterentwickeln können. Denn der Schweinemucken-Anteil sollte im Beruf nicht dauerhaft größer, als der Spaß und unser Anliegen sein. Ansonsten hadern wir und handeln nicht.
P.S.
Am Samstag hatte ich einen Vortrag auf der Frankfurter Messe, dem Paperworld Assistenztag. Ich freute mich darauf, fuhr jedoch mit der Vermutung hin, dass ein Messevortrag zu einer Schweinemucke werden könnte. Doch es kam anders. Ein von dem Messetrubel getrennter Raum, ein freundlicher Empfang der Veranstalterin, ein aufmerksames und lebhaftes Publikum. Es hat (hoffentlich) nicht nur den Teilnehmerinnen, sondern auch mir Spaß gemacht. Nach dem Vortrag bedankte sich eine Teilnehmerin und sagte, dass mein Beitrag ihr den Mut gemacht habe, endlich die Stelle in ihrem Unternehmen zu wechseln, um wieder Spaß an der Arbeit zu haben. „Ich mache das jetzt“. Ich fuhr nach Hause mit vielen Fragen, aber keinem faden Geschmack im Mund. Dieser Vortrag war keine Schweinemucke. Für diese Teilnehmerin – natürlich für alle anderen auch – aber gerade für diese, habe ich an diesem Tag, diesen Teil meines Berufes gemacht.